A.                          Schulze Schwienhorst                    Haftpflichtonlineportal, 1. Edition, Stand 31.07.2016

IV. Allgemeines zur Betriebshaftpflichtversicherung

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§ 102 VVG regelt die Haftpflichtversicherung für Unternehmen und gilt ausschließlich für den geschäftlichen Bereich.[1] Den Versicherungsverträgen liegt eine sog. Betriebsbeschreibung zugrunde, in der die Tätigkeit des Unternehmens beschrieben wird. Diese Tätigkeit stellt zugleich den Rahmen des versicherten Risikos dar. Versichert sind Schadenersatzansprüche, die aus dem Betrieb bzw. der betrieblichen Tätigkeit selbst resultieren. Der Versicherungsschutz beschränkt sich jedoch nicht auf das versicherte Unternehmen, sondern erfasst vielmehr auch die Haftpflicht aller zur Vertretung des Unternehmens befugten Personen sowie derjenigen Personen, die in einem Dienstverhältnis zu dem versicherten Unternehmen stehen, § 102 Abs. 1 Satz 1 VVG. Folglich umfasst die Betriebshaftpflichtversicherung neben dem Unternehmen selbst den gesamten Gefahrenbereich des geschäftlichen Betriebs und bietet Schutz für das Verhalten sämtlicher Betriebsangehöriger. Hierbei handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung gemäß §§ 43 ff. VVG.

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Der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung wird von der Versicherungswirtschaft für nahezu sämtliche Wirtschaftsbereiche angeboten. Systematisch wird dabei zwischen Haftpflichtversicherungen in Bezug auf Betriebsstättenrisiken, Produkthaftpflichtrisiken, Umwelthaftungs- und Umweltschadenrisiken sowie Vermögensschadenrisiken unterschieden. Für Unternehmen in entwickelten Industriegesellschaften haben die Haftpflichtrisiken in der Vergangenheit stetig an Bedeutung gewonnen. Ihr Stellenwert geht häufig über die Bedeutung der Sachversicherung hinaus.

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Der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung ist gesetzlich nicht für alle unternehmerischen Bereiche vorgeschrieben. Eine Ausgestaltung als Pflichtversicherung i.S.v. § 113 VVG findet sich aber bei Unternehmen, deren Betriebstätigkeit ein erhöhtes Gefahrenpotential aufweist. Die Verpflichtung zum Abschluss der Haftpflichtversicherung ergibt sich dann aus einer Rechtsvorschrift (Gesetz im formellen Sinne, Rechtsverordnung, Satzung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder EU-Verordnung)[2].[3]

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Beispiel:

Das versicherungsnehmende Unternehmen ist auf die Lagerung und Verwertung von Abfällen spezialisiert. Aus § 6 EfbV ergibt sich eine Versicherungspflicht für Entsorgungsfachbetriebe. Diese Betriebe müssen mindestens eine Betriebshaftpflicht- und eine Umwelthaftpflichtversicherung abschließen.

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Auch außerhalb der Pflichtversicherung ist der Anteil der versicherten Unternehmen erfahrungsgemäß sehr hoch. Grund dafür dürfte auch sein, dass der Verzicht eines Unternehmers auf eine betriebliche Haftpflichtversicherung als Verletzung der Sorgfaltspflichten einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführung i.S.v. § 93 AktG gewertet werden könnte.

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§ 102 VVG ist dispositiv, d.h. durch anderweitige Parteivereinbarung abdingbar, vgl. § 112 VVG. Einer Abbedingung dieser Mitversicherung dürfte allerdings enge Grenzen gesetzt sein, zumal die Regelung nicht nur den mitversicherten Personen, sondern auch den geschädigten Dritten zugutekommt.

 

Zur Vertiefung:


[1]   Littbarski in Landheid/Wandt, § 102 Rn. 8.

[2]   Begr. RegE BT-Drucks. 16/3945 S. 87.

[3]   Brand in Langheid/Wandt, § 113 Rn. 6.

Zitiervorschlag: Schulze Schwienhorst in Haftpflichtonlineportal, Stand 31.07.2016, A. Rn. x

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