C.                          Schulze Schwienhorst                    Haftpflichtonlineportal, 1. Edition, Stand 31.07.2016

2. Geltendmachung des Rechts auf abgesonderte Befriedigung

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Wie das Recht auf abgesonderte Befriedigung geltend zu machen ist, ist gesetzlich nicht geregelt. Zwei Wege sind diesbezüglich entwickelt worden:

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1. Dem Dritten steht direkt oder jedenfalls analog § 1282 BGB ein Einziehungsrecht gegen den Versicherer bezüglich des Freistellungsanspruches des Versicherungsnehmers zu.[1] § 110 VVG eröffnet dem Geschädigten in der Insolvenz des Versicherungsnehmers ein gesetzliches Pfandrecht an dessen Freistellungsanspruch.[2] Das Einziehungsrecht nach § 1282 BGB entsteht, sobald der Haftpflichtanspruch des Dritten fällig ist. Der Versicherer kann sodann bei dessen Fälligkeit nur noch an den Dritten mit Erfüllungswirkung leisten.[3] Der Deckungsanspruch selbst ist aber erst fällig, wenn der Haftpflichtanspruch festgestellt ist.[4] Zur unmittelbaren Inanspruchnahme des Versicherers bedarf es daher des erfolgreichen Abschlusses des Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter. So muss der Dritte den Haftpflichtanspruch zur Tabelle anmelden und bei Widerspruch des Insolvenzverwalters mittels Erhebung einer Feststellungsklage gegen diesen feststellen lassen.[5]

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Entscheidend ist also, dass der Haftpflichtanspruch mit bindender Wirkung für den Versicherer festgestellt wird, da dies Fälligkeitsvoraussetzung für den Deckungsanspruch ist und der Dritte durch § 110 keine umfangreichere Rechtsstellung erhalten soll als sie dem Versicherungsnehmer selbst zustand.[6] Ist dies erfolgt, kann der Dritte ohne weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ergreifen zu müssen, den Versicherer unmittelbar in Anspruch nehmen.[7]

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2. Der Dritte kann Zahlungsklage gegen den Insolvenzverwalter erheben.[8] Diese Klage des Dritten ist auf den Freistellungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer beschränkt.[9] Der Dritte kann die Absonderung des Freistellungsanspruchs des Versicherungsnehmers erst verlangen, sobald der Haftpflichtanspruch festgestellt worden und der Freistellungsanspruch fällig ist.[10] Die Feststellung erfolgt hier durch das rechtskräftige Urteil im Absonderungsprozess, da diesem die Frage nach der Absonderungsberechtigung, also dem Bestehen der Haftpflichtforderung, zugrunde liegt.[11]

 

→ Weiter zu: Rechtsfolgen bei Geltendmachung des Rechts aus § 110 VVG


[1]   RGZ 93, 209, 212; 135, 295, 297; BGH VersR 1987, 655; Brinkmann in Uhlenbruck, InsO § 51 Rn. 65; Ganter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 51 Rn. 238; Koch in Bruck/Möller, § 110 Rn. 8.

[2]   BGH VersR 2015, 497.

[3]   Berger in Jauernig, § 1282 Rn. 1.

[4]   Vgl. dazu Thole NZI 2013, 665, 667.

[5]   BGH r+s 1993, 370; dazu Adolphsen in Gottwald, InsO § 42 Rn. 67.

[6]   I.R.d. Haftpflichtprozesses ist der Insolvenzverwalter passivlegitimiert, vgl. Schneider in Beckmann/Matusche-Beckmann, § 24 Rn. 158.

[7]   Hain jurisPR-InsR 3/2015, Anm. 1.

[8]   BGH NZI 2016, 603, 604; Tetzlaff jurisPR-InsR 4/2011 Anm. 6.

[9]   BGH VersR 1989, 730 f.; Ganter in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 51 Rn. 238; Lücke in Prölss/Martin, § 110 Rn. 6.

[10]   BGH VersR 1991, 414, 415; OLG Nürnberg VersR 2013, 711 ff.; Lücke in Prölss/Martin, § 110 Rn. 5.

[11]   Insofern liegt Voraussetzungsidentität vor, vgl. Thole NZI 2013, 665, 669.

Zitiervorschlag: Schulze Schwienhorst in Haftpflichtonlineportal, Stand 31.07.2016, C. Rn. x

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